Berichte

Bürgerentscheid „Kein Kultur- und Kongresszentrum am Donaumarkt!“

Am 17. Dezember entscheidet der Bürger – mehr als 6.000 Bürgerinnen und Bürger forderten binnen kürzester Zeit mit ihrem Bürgerbegehren ihr Bürgerrecht auf eigene Entscheidung ein. Im Bürgerentscheid geht es um die Frage: „Sind Sie dafür, dass auf dem Donaumarkt kein Kultur- und Kongresszentrum (Stadthalle) gebaut wird?“.

Nun schon zum dritten Mal geht es in Bürgerentscheiden um diesen Standort. Danach sollte der Donaumarkt aber endlich endgültig aus den Planungsvorhaben für eine Stadthalle verschwinden. Dieses Mal geht es ums Ganze. Die Begründung des Bürgerbegehrens ist wichtig – und sollte wohl nach dem Willen der Stadtverwaltung den Bürgern vorenthalten werden: Der Stadtrat bzw. die Stadtverwaltung verzichtete darauf, Argumente für eine Stadthalle vorzubringen. Wohl in dem Bewusstsein, dass die eigenen Argumente für den Donaumarkt sämtlich auf wackligen Beinen stehen, oder vielmehr, um zu vermeiden, dass auf Grund des Gleichheitsgebots die Argumente der Standortgegner des Donaumarktes gleichzeitig mit veröffentlicht werden müssten?

Denn darum geht es, die Begründung des Bürgerbegehrens lautet folgendermaßen (alle kursiv gesetzten Texte Zitate aus den Unterschriftenlisten Bürgerbegehren):

„1. In den Bürgerentscheiden 1999 und Dezember 2004 wurde mit großer Mehrheit der Standort Donaumarkt abgelehnt. Es ist undemokratisch, diesen mehrfach geäußerten Bürgerwillen durch Stadtratsbeschluss zu missachten.

2. Die Stadt hat bereits Anfang des Jahres 2006 Pläne zu einer sinnvollen, altstadtverträglichen Neubebauung des Donaumarktes vorgelegt. Diese Pläne gilt es weiter zu entwickeln.“

Dieser zweite Punkt ist wesentlich: Der Restitutionsbeschluss (Restitution = Wiederherstellung) verpflichtet den Stadtrat an seinen eigenen Beschluss vom 17. Februar 2006, für den Donaumarkt eine Mischbebauung zu beplanen, bestehend aus den Nutzungen Wochenmarkt am Donaumarkt, Wohnnutzung durch kleinteilige, altstadtverträgliche Bebauung, orientiert am Bestand der Ostengasse, sowie einer öffentlichen Nutzung des Platzes für Kunst und Kultur (Museum, Ausstellungshalle oder Bühne). Nach dem bisherigen Vorgehen der Stadtspitze mitsamt der Stadtratsmehrheit aus CSU und ein paar Umfallern von der SPD sollte wohl dieser Beschluss des Stadtrates in Vergessenheit geraten, frei nach dem Motto, ‚...was kümmert mich mein Geschwätz von gestern...‘ Erinnern wir den Stadtrat an seine eigenen Beschlüsse.

Punkt 3:

„Die Verkehrsprobleme beim Bau eines Kultur- und Kongresszentrums (Stadthalle) am Donaumarkt sind nicht lösbar. Ziel einer umwelt- und gesundheitsverträglichen Entwicklung muss es sein, die Verkehrsbelastung in der Altstadt zu reduzieren und nicht zu erhöhen. Feinstaubwerte, Verkehrslärm etc. müssen im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung abgebaut werden.“

So ist es. Die Tatsachen sprechen für sich. Die Verkehrssituation ist nicht gelöst, auch wenn es von Seiten der Stadt immer wieder behauptet wird, ohne dabei jedoch ausreichende Begründungen zu liefern. Es fällt auf, dass genau in diesem Punkt nie die ganze Wahrheit gesagt wird. Wann wurde zum Beispiel jemals von der Stadt im Zusammenhang mit den Planungen für den Donaumarkt ganz konkret öffentlich beschrieben, wie für die Stadthalle am Donaumarkt eine Trasse der Stadtbahn, von der Wöhrdstraße kommend, über den Brückenkopf der Eisernen Brücke in die D.-Martin-Luther-Straße geführt wird? Sie glauben es nicht? Nachzuforschen unter den Wettbewerbsunterlagen des Stadthallenwettbewerbs von 2004 in den unendlichen Weiten des Worldwideweb.

Regensburg hat heuer (Stichtag .. Dezember 2006) schon weit über 50 Tage Feinstaubwerte über den zulässigen Grenzwerten der EU. Warum also noch mehr Verkehr in die Innenstadt holen? Nur zu gut erinnere ich mich an einen Abend der Schlossfestspiele, als der gesamte Parkplatz- Suchverkehr sich durch den Petersweg zwängte. Die Behauptung der Donaumarktbefürworter, es habe an den Festspieltagen keine Verkehrsprobleme gegeben, kann ich aus eigener Anschauung nicht nachvollziehen. Auf diesen Eindruck kann wohl nur jemand kommen, der mit Chauffeur auf einen VIP-Parkplatz im Inneren gelotst wurde.

Bleiben wir lieber bei den Realitäten! Wie soll das funktionieren, wenn 700 Parkplätze am Unteren Wöhrd für den Donaumarkt herhalten müssten, gleichzeitig aber ein Stadthallenstandort am Unteren Wöhrd mit der Begründung abgelehnt wird, der Fußweg der Kongressbesucher in die Innenstadt wäre zu weit? Ich sehe vor dem geistigen Auge bereits den ganzen Parkplatzsuchverkehr die Ostengasse und die Thundorferstraße rauf und runter fahren... Grauenvolle Vorstellung!

Sollte nach dem Bürgerentscheid, wenn die Stadthalle am Donaumarkt zum dritten Mal durch den Bürger abgelehnt worden ist, noch irgend jemand wieder eine Stadthalle an diesem Standort bauen wollen, rufen wir frohgemut zurück: Dann sammeln wir wieder! Same procedure as (nearby) every year!

Anton Pfeiffer

Vabanque
Besuchen Sie den Stadtrat, solange...

Epochale Dinge ereignen sich derzeit im Stadtrat von Regensburg: Am 22. Juni 2006 wurde dem Begehren der ‚BI Pro Donaumarkt‘ durch eine geradezu machiavellistische Entscheidung stattgegeben, mit der Begründung, das Begehren entspräche dem mehrheitlichen Bürgerwillen – was nicht bewiesen war. Was hätte eigentlich gegen die Durchführung eines dritten Bürgerentscheides gesprochen, initiiert durch die Initiative ‚Pro Donaumarkt‘? Nach demokratischen Maßstäben wäre dies die einzige geeignete Methode gewesen, die von der Initiative behauptete ‚schweigende Mehrheit‘ sowie den behaupteten ‚Meinungsumschwung‘ in der Bevölkerung zu dieser Frage zu dokumentieren. Immerhin musste diese ‚BI‘ mehr als geschlagene 12 Monate sammeln, um genug Regensburger zu finden, die ihr Anliegen unterstützten. Diese Entscheidung zu suchen, liegt nunmehr wieder in den Händen einer neuen Bürgerinitiative... Diese erreichte ihr Ziel dagegen binnen zweier Monate.

Der Beschluss der Stadtratsmehrheit am 22. Juni, nur noch den Donaumarkt für eine Stadthalle weiter zu beplanen, obwohl gerade dieser Standort seit einem Vierteljahrhundert in der Regensburger Bürgerschaft höchst umstritten ist, erregte Empörung und Widerspruch bei vielen Bürgern. Dies war eine der schwärzesten Stunden der jüngeren Neuzeit im Regensburger Stadtrat, nicht nur, was die Anzahl der vollständig vertretenen CSU- Stadträte betrifft. In zwei Bürgerenscheiden sprachen sich die Bürger bereits mehrheitlich gegen eine Stadthalle an diesem Standort aus, Sie wissen schon...

Interessant ist, dass zwischen der Beschlussvorlage der Verwaltung und dem am 22. Juni tatsächlich Beschlossenen ein gravierender Unterschied besteht: Beschlossen mit CSU- Mehrheit und SPD- Einzelstimmen wurde, dass dem Anliegen der BI Pro Donaumarkt entsprochen wird (= Abhilfebeschluss), indem der Donaumarkt mittels eines neu auszuschreibenden städtebaulichen Wettbewerbs alleinig beplant wird, dieses Mal die Wettbewerbsmodelle der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen und anschließend per Fragebogenaktion die Zustimmung der Bürger eingeholt werden soll. Nicht festgelegt wurde, wie die Fragebogenaktion im einzelnen ablaufen soll: Anzahl der Haushalte, Versendung mit Rückumschlag, Art und Form der Auswertung, usw. Ein höchst transparentes Verfahren also.

 

 

Schaidinger

 

 

 

Beschlossen wurde der Antrag der Fraktionsvorsitzenden von CSU und SPD, als ‚Tischvorlage‘ eingebracht und vorgetragen durch den (gemeinsamen) Fraktionsvorsitzenden Herbert Schlegl, CSU. Die Beschlussvorlage der Verwaltung beschreibt lediglich, dass dem Anliegen des Bürgerbegehrens abgeholfen werden kann, „wenn der Stadtrat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.“ Darin ist jedoch nicht die Rede vom letztendlich beschlossenen Procedere mit städtebaulichem Wettbewerb, Fragebogenaktion, usw. Wo steht das alles zum Nachlesen? Tja, wo denn? Im Internet findet sich unter www.Regensburg.de/kulturundkongress/rkk nur die Verwaltungsvorlage, nicht jedoch die letztendlich gültige Beschlussfassung. Wären Sie Augen- und Ohrenzeuge dieser Veranstaltung, wüssten Sie, was genau beschlossen wurde. Oder etwa doch nicht? Nach der Stadtratssitzung rätselten viele der anwesenden Zuhörer, was denn nun genau beschlossen wurde... Wie gut, dass es besagte Tischvorlage gibt! Lediglich die Vertreter der BI Pro Donaumarkt zeigten sich zufrieden – Ziel leichter erreicht, als angenommen?

Hinzu kommt, dass die städtische Pressestelle weiter für Verwirrung sorgte, als sie unter „Aktuelles“ am 27.07.2006 behauptete, der Stadtrat habe in seiner Sitzung vom 22. Juni beschlossen, „das Wettbewerbsverfahren für das Kultur- und Kongresszentrum aufzuheben.“ (Quelle: www.Regensburg.de/kulturundkongress/rkk/aktuelles) Dies ist so nicht korrekt: Dieser Beschluss wurde förmlich erst einen Monat später, am 25.07.2006 im Bau- und Vergabeausschuss gefasst. Waren Sie nicht dabei?

Obige Verwirrungstaktik wurde bis zum Schluss aufrecht erhalten. Sollte der Bürger nicht wissen, was tatsächlich beschlossen wurde?

Und nun sind wir beim nächsten epochalen Punkt: Die Fraktion der Grünen beantragte, aus Gründen der demokratischen Transparenz, Entscheidungen des Stadtrates oder seiner beschlussfähigen Gremien der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, z.B. übers Internet. Dies sollte eigentlich für eine demokratische Institution selbstverständlich sein.

Und nun hätten Sie als Zuhörer der Verwaltungsausschusssitzung am 20.Juli (!) ** zugegen sein sollen: Sie hätten erlebt, wie gewählte Demokraten sich um diese Selbstverständlichkeit herumzudrücken versuchten. Zunächst wurden vom Verwaltungsreferenten W. äußerst fadenscheinige Gründe angeführt, die gegen die Veröffentlichung der Entscheidung sprächen. (Tenor: Da könnte der einzelne Stadtrat in seiner informellen Selbstbestimmung eingeschränkt werden, man müsse vor der Veröffentlichung jeden einzelnen Stadtrat fragen, ob sein Statement veröffentlicht werden darf..., usw. usf.). Aber hallo! Die Presse, die vierte demokratische Kraft, ist in der Regel zugegen, zitiert gelegentlich wörtlich, und nicht zu vergessen, die Stadtratssitzungen sind öffentlich!

Zwar wurde mit jeder Aussage betont, man begrüße die Veröffentlichung im Sinne der Transparenz, aber ... Das große Aber...

Die Krönung zum Schluss: Der sitzungsleitende Bürgermeister Weber bemühte sich minutenlang, aus dem Stegreif einen anderslautenden Alternativvorschlag zur Beschlussfassung zu formulieren, bevor er seinen Versuch aufgab, sinngemäß: Wir können ja auch über den vorliegenden Antrag der Grünen abstimmen, aber nur unter der Maßgabe, dass die Verwaltung etwas ausarbeitet, das den Bedenken des Verwaltungsreferenten Rechnung trägt...

Was genau wurde denn jetzt dieses Mal beschlossen? Ich als Zuhörer der Veranstaltung kann es nicht mit Gewissheit sagen. Wäre gut, wenn man es nachlesen könnte auf der offiziellen Homepage der Stadt. Wie bitte, Sie trauen der Stadt nicht die entsprechende Offenheit und den Mut zur Transparenz zu? Na hören Sie mal, wir sind ja schließlich hier in Bayern!

Zur Aufklärung des Sachverhaltes ‚Stadthalle am Donaumarkt‘ (Beschlussfassung des Stadtrates vom 22.06.2006) hier der Auszug aus der ‚Tischvorlage‘, der den Unterschied zur Verwaltungsvorlage ausmacht (Anmerkung: nicht im Internet von der Stadt veröffentlicht).

Dabei erscheint es erforderlich, auf den Unterschied zwischen der Beschlussvorlage der Verwaltung und einer ‚Tischvorlage‘ hinzuweisen:

Tischvorlage: Im Unterschied zur Beschlussvorlage mit Beschlussempfehlung der Verwaltung, die in der Regel den Abgeordneten bzw. Stadträten mehrere Tage vor der Sitzung zugestellt wird, um den Inhalt im Vorfeld zu studieren können, handelt es sich bei der sog. ‚Tischvorlage‘ um einen Beschlussentwurf, der meist im allerletzten Moment, am Tag der Abstimmung, vorgelegt wird, oft mit dem Effekt, dass die Abgeordneten gar nicht genau wissen, worüber sie eigentlich gerade abzustimmen haben.

„II. Zur Erreichung der Ziele hält es der Stadtrat (...) für erforderlich:

  • 1. Einen städtebaulichen Ideenwettbewerb (...) für die Bebauung des Donaumarkts durchzuführen mit dem Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern möglichst bald (...) geeignete Entwürfe zeigen zu können.
  • 2. Die Bürgerinnen und Bürger über die bisherigen Planungen zur Errichtung eines Kultur- und Kongresszentrums noch einmal ausführlich zu informieren und die jeweils daraus resultierenden Konsequenzen aufzuzeigen.
  • 3. Die Bürgerinnen und Bürger (...) zu befragen, sodass im Anschluss an die Befragung das Ergebnis umgesetzt werden kann.

III. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte beschließt der Stadtrat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme.“

Es lohnt sich wirklich, als Demokrat seiner Bürgerpflicht nachzukommen und höchstpersönlich nachzusehen, was die gewählten Abgeordneten und Stadträte in den Gremien wirklich tun. Ganz zu schweigen von den Ausfällen und persönlichen Beleidigungen, mit denen die politischen Gegner in diesem Gremium überzogen werden. Aus der Tagespresse wissen Sie zum Beispiel, dass dem derzeitig einzigen Regensburger Stadtrat der Opposition, der auch im Bundestag sitzt, vorgeworfen wird, er könne seitdem wesentlich besser reden. Nur: Was hat dies mit seinem Standpunkt zur Stadthalle zu tun?

Es tun sich wirklich epochale Dinge im Stadtrat. Die demokratische Struktur in unserem demokratisch- freiheitlichen Staat ist gerade dabei, durch gewählte Demokraten der Mehrheitspartei zerlegt zu werden. Die neoliberale Machtergreifung? Besuchen Sie den Stadtrat, solange er noch besteht... Besuchen Sie ihn, damit er noch möglichst lange als demokratische Institution besteht! Zeigen Sie Präsenz als mündiger Demokrat!

Ernst Nemetschek

PS:

*  22. Juni:  Todestag von Niccolò Machiavelli (1469 – 1527)

** Erkennen Sie wieder das historische Moment? Die Widerstandskämpfer des Attentats auf Hitler vom 20. Juli 1944 wurden unmittelbar darauf gefasst und standrechtlich erschossen. Natürlich gibt es hier keinen aktuellen Bezug zu den damaligen Vorgängen, noch leben wir in einer Demokratie!

PPS:

Helfen Sie dem Stadtrat in seiner Entscheidungsfindung! Nur im Bürgerentscheid am 17. Dezember haben Sie als Bürger die Möglichkeit, zwischen den Kommunalwahlen entscheidenden Einfluss auf Regensburger Belange auszuüben!

PPPS:

17. Dezember? War da was? Geburtstag Ludwig van Beethovens oder der Philosoph und Schriftsteller Günter Anders, bekannt für seine Zivilisationskritik, stirbt 1992 in Wien.


Das Welterbe-Manual und seine Konsequenzen
Menschheitsaufgabe
Beitrag von Dr. Lutz Tittel, Kunsthistoriker, Museumsdirektor a.D.

Das vorliegende kompakte Handbuch informiert umfassend über alle Fragen, die mit dem »Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt« (kurz: Welterbekonvention) zusammenhängen. In ihm sind die 38 Artikel der 1972 beschlossenen Welterbekonvention enthalten, wie auch - als Kernstück des Handbuches und erstmals in deutscher Obersetzung - die umfangreichen Richtlinien für die Durchführung des Obereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt.
In den Vorworten ist der Kerngedanke der Welterbeidee kurz und klar dargestellt. Minister Walter Hirche, Präsident der Deutschen UNESCO-Kommission: «Mit der Auszeichnung als Welterbe stellen die Vertragsstaaten ihr Kultur- und Naturerbe bewusst in den universellen Kontext der Geschichte der gesamten Menschheit. Sie verzichten damit auf eine lediglich nationale Inanspruchnahme dieser wichtigen Güter. In diesem partiellen Souveränitätsverzicht liegt der kulturpolitische Kern der Welterbeidee.« Ministerialdirektor Wilfried Grolig, Leiter der Kultur- und Bildungsabteilung des Auswärtigen Amts, weist besonders auf die Richtlinien hin: »Sie ergänzen und konkretisieren die völkerrechtlichen Normen der Welterbekonvention.« Frau Ministerin Ute Erdsiek-Rave, Präsidentin der Ständigen Konferenz der Länder in der Bundesrepublik Deutschland: »Über 180 Staaten haben sich mittlerweile mit ihrer Unterschrift zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt verpflichtet und damit anerkannt, dass die Bewahrung von Kultur- und Naturstätten >mit außergewöhnlichem universellen Wert' nicht nur in der Hand einzelner Staaten liegen soll, sondern Aufgabe der gesamten Menschheit ist.« In diesem Vorwortreigen wird zugleich ein Teil der deutschen Problematik deutlich. Die Bundesrepublik Deutschland ist als Staat 1976 diesem Übereinkommen beigetreten, und sie ist damit verantwortlich für die Einhaltung der Welterbekonvention mit ihren entsprechenden Richtlinien. Gleichzeitig sind ihr durch die Kulturhoheit der Länder die Hände gebunden, effektiv bei einigen Fehlentwicklungen in den Ländern einzugreifen. Das klassische, aktuelle Beispiel dafür: Die Waldschlößchenbrücke in Dresden. Bei allen schönen Worten wird es sich hier zeigen, inwieweit die Welterbeidee wirklich durchgesetzt werden kann.
Das Who is Who der UNESCO
Im Laufe der Jahrzehnte haben sich international und national eine Reihe von Institutionen, Einrichtungen, Entscheidungswegen herausgebildet, so dass das selbst ein Fachmann nicht so schnell durchschaut. Ein kurzer Blick in das »Who is who« zeigt das deutlich: Die UNESCO, Generalkonferenz, Exekutivrat, Sekretariat, Das Welterbekomitee, Welterbe-Büro, Welterbezentrum, Vertragsstaaten der Welterbekonvention, Generalversammlung der Vertragsstaaten, Welterbefond. Auf die weitere Aufzählung der beratenden Fachgremien und internationalen Partner soll hier verzichtet werden. All diese Institutionen werden zwar kurz und klar vorgestellt, aber ihr Zusammenspiel wird nicht immer deutlich. Da wären in einer weiteren Auflage Schaubilder nötig, welche die Zusammenhänge verdeutlichen. Das gleiche gilt auch für die nationalen Einrichtungen in Deutschland, die es bedingt durch die Bundes-, Länder-, Kommunalebene plus Stiftungen ebenfalls zahlreich gibt. Neben einigen Aufsätzen zu Einzelthemen im Zusammenhang mit Welterbefragen finden sich auch Hinweise auf Grundlagentexte und Dokumente, eine Auswahlbibliografie und eine Adressenliste, so dass dieses Handbuch seinem Anspruch gerecht wird, umfassend über den aktuellen Stand der Einrichtungen und Regeln zur Umsetzung der Welterbekonvention zu informieren.
Durch den Regensburger Fall aufmerksam geworden (siehe hier den Beitrag "Schnelle Post nach Vilnius”), soll noch kurz auf ein Monitoring-lnstrument der Welterbekonvention eingegangen werden.
Unter der Überschrift »Reaktives Monitoring« schreibt Birgitte Ringbeck, Handbuch S. 76: »Auslöser für Gefährdungen können Projekte und Maßnahmen am und im Umfeld von Welterbestätten sein, die von den zuständigen Stellen gemäß der Welterbekonvention selbst angezeigt, oder auf die das Welterbezentrum durch Eingaben von Bürgern und Nichtregierungsorganisationen aufmerksam gemacht worden sind.«
Dazu heißt es klar und deutlich in den Richtlinien im Kapitel IVA, Nr. 172 (Handbuch S. 219): »Das Komitee für das Erbe der Welt fordert die Vertragsstaaten des Übereinkommens auf, das Komitee über das Sekretariat zu benachrichtigen, wenn sie die Absicht haben, in einem aufgrund des Übereinkommens geschützten Gebiet erhebliche Wiederherstellungs- oder  Neubaumaßnahmen durchzuführen oder zu genehmigen, die Auswirkungen auf den außergewöhnlichen universellen Wert des Gutes haben können. Die Benachrichtigung sollte so bald wie möglich (zum Beispiel vor Ausarbeitung der grundlegenden Unterlagen für bestimmte Projekte) und bevor Entscheidungen erfolgen, die schwer zurückzunehmen wären, so dass das Komitee mithelfen kann, angemessene Lösungen zu finden, um zu gewährleisten, dass der außergewöhnliche universelle Wert des Gutes vollständig erhalten bleibt.« Am 03.08.2006 - vor über drei Monaten - hat die Bl Donaumarkt das Welterbezentrum und weitere Stellen über die städtischen Neubaupläne einer Stadthalle mit Hotel in der Kernzone des Welterbegebietes informiert Die Stadt Regensburg hat damit gegen die Nr. 172 der Richtlinien verstoßen. Außer einigen Briefwechseln sind bisher noch keine konkreten Reaktionen erkennbar. Es scheint so, als ob die Welterbe-Verwaltung ein großer, schwerfälliger Dampfer ist, der offenbar auch noch lokale Besonderheiten berücksichtigen muss.

aus: Der Leserbrief, Zeitschrift für Beteiligungskultur, Regensburg, Dezember 2006


Wie Regensburg auf die Welterbe-Liste kam
Schnelle Post nach Vilnius
Beitrag von Dr. Lutz Tittel, Kunsthistoriker, Museumsdirektor a.D.

Am 14. Juli 2006 meldete die Presse, dass die Altstadt von Regensburg mit Stadtamhof vom Welter-be-Komitee in die Liste der Welterbestätten der UNESCO aufgenommen wurde: »Regensburg holt sich den Titel - Die Vertreter der Stadt sind erstaunt und erfreut, wie schnell das UNESCO-Komitee die Entscheidung fällt« (Süddeutsche Zeitung). »Regensburg im Freudentaumel: 'Wir sind Welterbe!< - Altstadt auf einer Stufe mit den Meisterwerken des Erdballs / Intensive Lobby-Arbeit brachte am Ende den Erfolg« (Mittelbayerische Zeitung).
Die Schlagzeilen weisen einerseits auf die berechtigte Freude der Regensburger hin, andererseits aber auch auf die erheblichen Bemühungen im Vorfeld der Entscheidung. Deutlicher wird das im Online-Magazin der Deutschen UNESCO-Kommission. In der Ausgabe 7-8, Juli/August 2006 von »unesco heute online«, berichtet Dr. Birgilta Ringbeck, die Beauftragte der Kultusministerkonferenz für das UNESCO-Welterbe, über die 30. Sitzung des Welterbe-Komitees in Vilnius unter anderem:
•Aufgrund eines eindeutigen Votums im Vortrag von Jukka Jukiletho, der die einzige deutsche Nominierung im Auftrag von ICOMOS im Plenum vorstellte, wurde die Altstadt Regensburg mit Stadtamhof ohne Aussprache und einstimmig in die Welterbeliste aufgenommen. Die Vorlage zur Regensburger Nominierung hatte noch eine Zurückweisung des Antrags vorgesehen mit den Empfehlungen, die Begründung des außergewöhnlichen universellen Wertes zu überarbeiten, eine detaillierte Studie zu den Verlusten des Zweiten Wertkrieges zu präsentieren, einen Bericht über Neubauplanungen mit möglichen Auswirkungen auf die Altstadt vorzulegen, sowie die Grenzen der Welterbestätte und ihrer Pufferzone zu verifizieren und eventuell neu zu definieren. Deutschland als Vertragsstaat hatte diesen Beschlussvorschlag Ende Mai zur Kenntnis bekommen.
In Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt und der Kultusminister-Konferenz der Länder hatten die bayerische Behörden von den zum 1. Februar 2005 in Kraft getretenen Richtlinien zur Umsetzung der Welterbekonvention Gebrauch gemacht und Aussagen im Gutachten von ICOMOS ergänzend richtig gestellt, was uneingeschränkt akzeptiert wurde und zum unverhofften Erfolg beigetragen hat.« Als interessierter Regensburger Bürger, der schon jahrelang die Bemühungen von OB Schaidinger um den Stadthallen bau verfolgt, stutzt man. Man überlegt, ob und wie denn wohl die Absichten, auf dem Donaumarkt - also mitten in der Kernzone der Welterbe statte - eine Stadthalle zu errichten, im Antrag dargestellt wurden. Wie verträgt sich das mit den strengen Kriterien für Welterbestätten? Oder sollte OB Schaidinger etwa seine jahrzehntelangen Bemühungen um den Bau einer Stadthalle auf dem Donaumarkt verschwiegen haben, um den Welterbeantrag nicht zu gefährden? Um es kurz zu machen: Der Verdacht hat sich leider voll bestätigt. Im Regensburger Antrag auf Aufnahme in die Welterbe-Liste ist der geplante Stadthallenbau nicht erwähnt. Unter 5. »Restauration of the Old Town« findet sich der allgemein gehaltene Hinweis, dass man in Zukunft im Gebiet nördlich der Ostengasse und auf dem Donaumarkt ähnliche Restaurierungen plant wie im übrigen Altstadtgebiet. Daraus kann natürlich für Uneingeweihte unmöglich der geplante Bau einer Stadthalle auf dem Donaumarkt herausgelesen werden. Ebenso allgemein waren die Antworten gehalten, welche laut Dr. Ringbeck »die Aussagen im Gutachten von ICOMOS ergänzend richtig gestellt« haben (siehe oben). Auf die UNESCO-Frage nach Neubauplanungen, welche die Altstadt beeinflussen könnten, antwortete die Stadt Regensburg, man habe sämtliche stadtplanerische Maßnahmen, die das Welterbegebiet treffen könnten, vorläufig (?) zurückgestellt. Man wolle den vorgeschlagenen Managementplan sogar durch eine eigene Steuerungsgruppe ergänzen, um jede Gefährdung des Welterbe-Ensembles auszuschließen. Es findet sich jedoch kein Wort von den geplanten Großbauten Stadthalle und Hotel in der Kernzone der Welterbestätte, obwohl die Bürgerinitiative Pro Donaumarkt schon am 22. Mai ihre Unterschriften zum Bürgerbegehren für den Bau der Stadthalle am Donaumarkt eingereicht hatte. Es kommt jedoch noch besser oder eigentlich noch schlimmer: Am 13.07.2006, dem Tag der Welterbe-Abstimmung in Vilnius, verlangte Ministerialdirigent Rolf-Dieter Schnelle (Auswärtiges Amt), der als Botschafter des Vertrags Staates Bundesrepublik Deutschland 11 Vilnius weilte, von OB Schaidinger eine Erklärung, ob es Neubaupläne in der Kernzone des beantragten Welterbegebietes gäbe. Und wiederum gab es nur eine allgemeine Aussage: Es gibt keine Planungen, man tue alles für den Welterbe Status. Kein Wort von den schon inzwischen angelaufenen Planungen für die -Itadthalle mit Hotel auf dem Donaumarkt, die :,chon drei Wochen vorher der Stadtrat von Regensburg am 22.06.06 beschlossen hatte. Der Stadtrat hatte nämlich das Bürgerbegeh-ren der B! Pro Donaumarkt mit der Fragestel-Ijng »Sind Sie dafür, dass das Regensburger langte Ministerialdirigent Rolf-Dieter Schnelle (Auswärtiges Amt), der als Botschafter des Vertrags Staates Bundesrepublik Deutschland 11 Vilnius weilte, von OB Schaidinger eine Er-Härung, ob es Neubaupläne in der Kernzone des beantragten Welterbegebietes gäbe. Und wiederum gab es nur eine allgemeine Aussage: Es gibt keine Planungen, man tue alles für den Welterbe Status. Kein Wort von den schon inzwischen angelaufenen Planungen für die -Itadthalle mit Hotel auf dem Donaumarkt, die :,chon drei Wochen vorher der Stadtrat von Regensburg am 22.06.06 beschlossen hatte. Der Stadtrat hatte nämlich das Bürgerbegeh-ren der B! Pro Donaumarkt mit der Fragestel-Ijng »Sind Sie dafür, dass das Regensburger Kultur- und Kongresszentrum mit Wochenmarkt und öffentlichen Parkplätzen auf dem Donaumarkt gebaut wird?« mit »Ja« beantwortet und durch diesen Beschluss der verlangten Maßnahme abgeholfen. Diese Erklärung von OB Schaidmger, die keine Verschleierung, sondern schon eher eine Täuschung darstellt, wurde noch vor der Abstimmung den 21 Mitgliedern des Welterbekomitees als Tischvorlage vorgelegt. Danach kam es dann ohne weitere Diskussion zur Aufnahme von Regensburg in die Welterbe-Liste und damit laut Dr. Ringbeck zu dem »unverhofften Erfolg«.
Zusammenfassend kann man also feststellen, dass weder das UNESCO-Welterbe-Zentrum, noch der Rat für Denkmalpflege ICOMOS oder das UNESCO-Welterbe-Komitee von der Stadt Regensburg, dem Freistaat Bayern oder der Bundesrepublik Deutschland vor der Abstimmung in Vilnius über die möglichen und auch tatsächlich schon beschlossenen Planungen in der Kernzone der künftigen Welterbestätte Regensburg informiert wurden; die Großbauten Stadthalle und Hotel kommen in den Antragsunterlagen nicht vor.

Der Wettbewerb

Kurz nach der Aufnahme von Regensburg in die Liste der Welterbestätten hat der Ausschluss für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt-und Wohnungsfragen des Stadtrates dann am 26.7.2006 beschlossen, für das am Donaumarkt geplante Regensburger Kultur- und Kongresszentrum (RKK] einen einstufigen, offenen Realisierungswettbewerb mit städtebaulichem Ideenteil durchzuführen. Die Verwaltungwurde beauftragt, die Auslobung zum 18.8.2006 vorzubereiten und bekannt zu machen. Tatsächlich wurde die Bekanntmachung im Internet dann auf den 09.08.2006 vorgezogen und der Auslobungstext in mindestens 30 Punkten - auch inhaltlich - gegenüber dem Beschluss vom 26.07.2006 verändert. Weitere Termine: Am 21.08,2006 wurde der Wettbewerb im Amtsblatt der Stadt Regensburg veröffentlicht, bis zum 16.11. sind die Wettbewerbsarbeiten abzugeben, das Preisgericht tagt vom 11.-13.12., am 14.12.2006 soll das Ergebnis bekannt gegeben und eine Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten eröffnet werden, die bis zum 12.01.2007 lauft Hier gab es offenbar große Eile, die Ergebnisse des Wettbewerbs möglichst früh präsentieren zu können.

Unter Bayern

Welche Personen sind an diesem polit-diplomatischen Vorgang beteiligt? Da ist natürlich zu allererst der bayerische Kommunalpolitiker OB Hans Schaidinger zu nennen, der schon 1981 (!) als Verwaltungsrat der Stadt-Verwaltung den Plan einer Stadthalle am Donaumarkt vorstellte.
Eine wichtige Person ist der ehemalige Generalkonservator des Freistaats Bayern und heutige ICOMOS-Präsident International und National, Prof. Dr. Michael Petzet. Er wird schon im Amtsblatt Nr. 14 vom 7.4.1986 zum damaligen Stadthallen-Wettbewerb Donaumarkt wie folgt zitiert: »Der Weg, den wir einschlagen, ist unbedenklich und erfolgversprechend.«
Der jetzigen Bl Donaumarkt, die sich mit einem Bürgerbegehren gegen den Bau einer Stadthalle am Donaumarkt wendet, schreibt Prof. Dr. Petzet 20 Jahre spater am 5.10.2006: »In Beantwortung Ihres Schreibens vom 10. September kann ich Ihnen mitteilen, dass uns bisher noch keine Anfrage des Welterbezentrums der UNESCO zum Wettbewerb für das Kultur- und Kongresszentrum vorliegt. ICO-MOS wird sich aber in jedem Fall zu gegebener Zeit mit den Ergebnissen des Wettbewerbs befassen.«
Vom Direktor des Welterbe-Zentrums in Paris, Prof. Francesco Bandarin, wurde allerdings bereits am 31.08.2006 der Bl Donaumarkt mitgeteilt, dass er die Information über den Architektenwettbewerb an die Ständige Delegation der Bundesrepublik bei der UNESCO und an den Rat für Denkmalpflege ICOMOS mit der Bitte um Prüfung und Beurteilung weitergegeben habe.
Prof. Dr. Petzet kam nun Ende August 2006 zu persönlichen Gesprächen mit OB Schaidinger nach Regensburg. Auf der Internet-Seite »Der Oberbürgermeister persönlich« (Ausdruck vom 20.9.06) ist über diese Begegnung zu lesen: »Der Auslobungstext für den Wettbewerb zur Neugestaltung des Donaumarkts ist mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt worden. Über das laufenden Verfahren Informieren wir nicht nur die UNESCO, sondern auch ICOMOS, den internationalen Rat für Denkmalpflege, der die offiziellen Gutachten erstellt und damit maßgeblichen Ein-fluss auf die Entscheidungen der UNESCO hat. In einem persönlichen Gespräch hat mir der Präsident des ICOMOS-Weltverbandes, Prof. Dr. Michael Petzet, versichert, man sehe bei der UNESCO die städtebauliche Lücke am Donaumarkt als reparaturbedürftig an. Eine kulturelle Lösung halte er dort für sinnvoll und wünschenswert. Ein Kultur- und Kongresszentrum an diesem Standort sei mit dem Welterbestatus durchaus vereinbar, wenn es gut gemacht sei.«
Man kann sich nun die Frage stellen, ob Prof. Dr. Petzet vielleicht aus persönlichen Gründen in Regensburg war, nachdem er ja derBl Donaumarkt versichert hat, bisher keine Anfrage des Welterbe-Zentrums zum RKK-Wett-bewerb erhalten zu haben. Dann gibt es noch den jetzigen Generalkonservator des Freistaats Bayern, der vor dieser Tätigkeit Kulturreferent in Regensburg war. Prof. Dr. Egon Johannes Greipl schreibt der Bl Donaumarktarn 05.09.2006: »Sowohl das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege wie auch der mit dem Donaumarkt als möglichen Standort für ein Kultur- und Kongresszentrum bereits früher befasste Landesdenkmal rat haben sich stets dahin gehend geäußert, dass unter Wahrung der städtebaulichen Maßstäb-hchkeit und unter Rückbesinnung auf überkommene Stadtstrukluren die Realisierung eines solchen Kultur- und Kongresszentrums aus denkmalpflegenscher Sicht grundsätzlich möglich erscheine.« Und weiter: »Aus der fachlichen Sicht der Denkmalpflege wird daher der Wettbewerb, insbesondere auch der städtebauliche Ideenteil, wohlwollend begleitet.«
Allerdings hatte Dr. Greipl schon als Regensburger Kulturreferent sich eindeutig für den Donaumarkt als Standort für eine Stadthalle ausgesprochen. Em Artikel in der Mittelbayen-schen Zeitung vom 19.03.1998 trägt folgende Überschrift- »Greipl: Donaumarkt ideal für die Stadthalle«. Im Text heißt es dann weiter über den Gast Dr. Greipl bei dem Veranstalter Pro Regensburg e.V: »Im zweiten Teil ging Greipl auf die zukünftige Stadtentwicklung ein, und nannte die geplanfe Stadthalle eine einmalige Chance, am Ende des Jahrhunderts einen markanten städtebaulichen Akzent zu setzen. Zur Standortfrage sagte der Kulturreferent' ■ Mein Favorit ist der Donaumarkt..« Bisher hat sich in dieser Angelegenheit noch nicht der Vorgesetzte des Generalkonservators, der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dr. Thomas Goppel, geäußert, der aber in den UNESCO-Verfahren mitwirken muss, denn: »Deutsche Anträge werden vom zuständigen Landesministerium über die Kultusministerkonferenz dem Auswärtigen Amt zugeleitet, das die Übermittlung über die Ständige Vertretung Deutschlands bei der UNESCO an das UNESCO-Welterbezetrum vornimmt.« (Schreiben der Deutschen UNESCO-Kommission e.V. an die Bl Donaumarkt vom 08.09.2006).
Es erhebt sich der Verdacht, dass ein bayerischer Kommunalpolitiker die föderalen Strukturen der deutschen Kulturpolitik ausgenutzt hat, um die Bundesbehörden und letztlich auch die internationalen Gremien an der Nase herumzuführen. Die Bundesrepublik Deutschland ist als Vertragsstaat der Welterbe-Konvention, die ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag ist, beigetreten. Sie muss darüber wachen, dass die Richtlinien dieser Konvention eingehalten werden, die auch ein Stück Souveränitätsverlust für die jeweils Handeln den bedeuten. Darauf weist auch der Direktor des Welterbe-Zentrums, Prof. Francesco Bandarin, in seinem Schreiben an die Bl Donaumarkt vom 31.08.2006 hin.

»Wir stehen in gutem Kontakt mit Regensburg. Über den Inhalt von Gesprächen geben wir keine Auskunft, weil solche Abstimmungsprozesse aus gutem Grund nicht in die Öffentlichkeit gehören.«
Die Pressesprecherin von Rolf-Dieter Schnelle auf die Frage, ob man kurz vor der Ernennung Regensburgs zum Welterbe am 13. Juli noch eine Stellungnahme von OB Hans Schaidinger angefragt habe und was deren Inhalt war.

Konsequenzen

Die UNESCCO hat Regensburg nicht gedrängt, sich um Aufnahme in die Welterbe-Liste zu bewerben. Und wenn Regensburg auf dieser Liste steht, dann hat es auch die Regeln einzuhalten. Die Bundesrepublik Deutschland könnte international blamiert werden, wenn hier nach Köln und Dresden mit Regensburg ein weiterer Fall bekannt wird, wie man die Regeln des völkerrechtlich verbindlichen Vertrages umgehen möchte.

Eine frühe Warnung

Erstaunlich früh erschien schon am 16.07.2006 in der Welt am Sonntag ein Artikel von Hermann Weiß, in dem es heißt: »Giulio Marano als Sprecher der Monitoring-Gruppe des Internationalen Rates für Denkmalpflege (ICOMOS), der als Gutachter für das Welterbe-Komitee tätig ist und die Erfüllung der UNESCO-Konvention überwacht, nennt zwei Gründe, die Regensburg in die Bredouille bringen könnten. Erstens: der Bau einer zusätzlichen Donaubrücke. Die Brücke war im Antrag an die UNESCO nicht drin.« Weiter: »Entweder man findet einen Standort, der das Stadtbild nicht beeinträchtigt. Oder es gibt eine ungute Situation.« »Punkt 2: eine Stadthalle mit Kongreßzentrum am Donaumarkt, wie es die regierende CSU seit Jahrzehnten favorisiert. Auch dazu hat der Gutachter eine dezidierte Meinung. >An dieser Stelle, in unmittelbarer Nähe zum Dom, ein massives großes Gebäude hinzustellen, das auch noch den Verkehr anzieht, wäre falsch«
Ende August 2006 war Dr. Marano, früher Stellvertreter von Generalkonservator Prof. Dr. Petzet, mit ihm zusammen bei dem oben erwähnten persönlichen Gespräch mit OB Schaidinger im Regensburger Rathaus. Seitdem hört man nichts mehr. Auch der Brief der Bl Donaumarkt an Dr. Marano vom 03.08.2006, mit dem die UNESCO, ICOMOS, die Deutsche UNESCO-Kommission und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege über die neuen Bauprojekte in der Kernzone des Welterbe-Gebiets informiert wurden, ist von ihm bisher nicht beantwortet worden.

Die Welterbe-Beauftragten

Soweit scheint alles gut eingefädelt zu sein, denn wenn der Architektenwettbewerb vorbei, ist, wird es nach den zu erwartenden positiven Gutachten von Prof. Dr. Petzet (ICOMOS) und Prof. Dr. Greipl (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege) dem Welterbe-Zentrum der UNESCO schwer fallen, davon abzuweichen. Es sei denn, es würden - ähnlich wie im Fall Dresden - zusätzliche Gutachter beauftragt werden, die bisher nicht in die Vorgeschichte des Regensburger Problems »Stadthalle am Donaumarkt« verwickelt sind und unbefangen ein Gutachten erstellen können. Sonst ist zu befürchten, dass bald mit dem Bau begonnen wird.
Doch soweit ist es noch nicht, denn es gibt Regensburger Bürgerinnen und Bürger, welche solchen Planungen immer wieder entgegentreten und oft gegen den Willen der Stadt dafür gesorgt haben, dass die Altstadt nicht weiter zerstört wird und die Kostbarkeiten erhalten bleiben, für die Regensburg jetzt auf die Liste der Welterbestätten gekommen ist. Was die Bebauung des Donaumarkts betrifft, so wurde 1990 nach einem heftigen Stadthallen-Wahlkampf (Wahlkämpfleiter Hans Schaidinger) der CSU-Oberbürgermeister Viehbacher abgewählt, 1999 lehnten in einem Bürgerentscheid nach einem Ratsbegehren (Initiator CSU-OB Hans Schaidinger) 67,5 % der Regensburger den Standort Donaumarkt ab, 2004 in einem Bürgerentscheid nach einem Bürgerbegehren 62%. Jetzt steht nach einem erneuten Bürgerbegehren am 17.12.2006 der dritte Bürgerentscheid zu dieser Standortfrage an. Die Bl Donaumarkt ist zuversichtlich und hofft auf einen dritten Gewinn für die Bürgerinnen und Bürger, welche so die wahren Beschützer des Welterbes sind. Damit kommt sie auch der Aufforderung des Regensburger Oberbürgermeisters nach, nicht die Zuständigkeit an einen Welterbe-Beauftragten abzuschieben. Hans Schaidinger: »Alle 150.000 Regensburger sind Welterbe-Beauftragte« (Mittelbayerische Zeitung vom 14.07.2006).



Die Kernzone (hellrot unterlegt) des Weltkulturerbes umfasst das denkmalgeschützte Altstadtensemble, die Wöhrde und Stadtamhof. Die Pufferzone ist in der Grafik gelb dargestellt. Die Einzeldenkmäler der Welterbestätte Regensburg sind rot gekennzeichnet. Grafik: Stadt Regensburg

Aktueller Nachtrag 1:
Wie unsensibel die Stadt Regensburg mit ihrem neuen Titel »Weiterbestatte« umgeht, kann man auch daran sehen, dass sie sich in diesem Jahr nicht an dem europaweiten »Tag des Denkmate« (10.09,2006) beteiligt hat. Angeblich hatte sie wegen des Papstbesuches keine Kapazitäten mehr frei. Stattdessen wurde ein »Verkaufsoffenef Sonntag« in . der Altstadt angesetzt (mit einer großen Autoschau im Schatten der Neupfarrkirche!) unter dem Motto »Faszination Altstadt Regensburg - erst essen gehen, dann einkaufen* (Mittelbayerische Zeitung vom 06.09.06). Von einigen engagierten Bürgern wurde daraufhin ein Notprogramm zusammengestellt, um den Denkmal-Tag in Regensburg zu retten, so wie sie es auch schon im Jahre 2000 gemacht haben, als die Stadt wegen der Millenitimsfeiern in Regensburg den Denkmal-Tag ausfallen ließ.

Aktueller Nachtrag 2:
Eine der ersten Äußerungen von OB Hans Schaidinger nach öer Aufnahme der Stadt in die Welterbe-Liste lautete: »Wefterbe zu sein, heißt nicht, eine Käseglocke ober die Stadt zu stülpen und nichts mehr zu verändern«. (Rundschau vom 14.07.2006). Möglicherweise sind solche Absichten auf Veränderung auch der Grund dafür, dass sich Regensburg zusammen mit drei weiteren Städten und vier Landkreisen als Modellversuch für die aktuell geplante Lockerung des Denkmalschutzgesetzes angeboten hat. Die Süddeutsche Zeitung schreibt am 16.10.2006 hierzu: »Die Staatsregierung plant im Rahmen ihrer Initiative für Bürokratieabbau, die Befugnisse des Landesamtes für Denkmalpflege auf kommunaler Ebene drastisch zu beschränken. So soll künftig die Einschaltung des Landesamtes ausschließlich in das Ermessen der lokalen Unteren Denkmalschutzbehörden gestellt werden. Die Kommunen bekämen damit wieder absolute Entscheidungsfreiheit. Das Urteil der zentralen Münchner Fachbehörde wäre weder bindend noch von Bedeutung. Bürgermeister und Landräte könnten - so die Befürchtung von Fachleuten - wieder nach eigenem Gutdünken über Erhalt oder Beseitigung eines Denkmals befinden.«
Mittlerweile gehört Regensburg nach Aussage der Pressestelfe nicht mehr zum Kreis der Versuchsstädte. Lesen Sie dazu Seite 12 (Anm. d. Red.).                              

aus: Der Leserbrief, Zeitschrift für Beteiligungskultur, Regensburg, Dezember 2006