Archiv 9

Medienmacht

Vorab stellen wir eine Einladung zu einem Pressegespräch am 7.12.2006 ins Netz, das vom Stadtmarketing Regensburg e.V. organisiert wurde.

Das Ziel dieses Pressegesprächs wird klar beschrieben: “Wir möchten über die Medien den Bürgern die Chancen und Perspektiven vor Augen führen, die ein RKK für Regensburg bietet.“ Und „Wir“ ist dann die übliche Liste derjenigen Hilfstruppen von OB Schaidinger aus Wirtschaft und Kaufleuten, die jedes Mal bereit stehen, wenn es gilt, ihre Geschäftsinteressen zu verbessern. Das ist ja schon ein mehrfach wiederholtes Ritual. Also schau’n wir mal, wie die Mittelbayerische Zeitung ihren Medienauftrag erfüllt hat.

MZ, 13.12.2006

Bis zu diesem Zeitpunkt war relative Ruhe im Karton. Aber an diesem Tag vier (!) volle Zeitungsseiten über das RKK am Donaumarkt. Die Medienstrategie ist erkennbar. Bis dahin ruhig, zurückhaltend – die BürgerInnen haben eh die Nase voll von diesem Thema – aber dann volles Rohr bis zum Tag der Abstimmung. Claudia Böken schreibt den Hauptartikel, eine Vollseite ‚Der Wettbewerb’ und die Chronologie einer unendlichen Geschichte. Dann Hans Scherrer mit seinem Beitrag, dem ein netter Ausrutscher passiert. Die BI Pro Donaumarkt hätte ein tolles Ziel formuliert: “Eine Vorstellung, die in der Bevölkerung so großen Anklang fand, dass binnen kurzer Zeit die notwendigen Unterschriften für ein Bürgerbegehren zusammen waren.“ Ja, Herr Scherrer, da haben wir wohl was verwechselt. Die Tatsachen waren genau andersherum. Die BI Pro Donaumarkt sammelte über ein Jahr Unterschriften, während die BI Donaumarkt nach dem Durchwinkebeschluss des Stadtrates keine 2 Monate für ihre Unterschriftensammlung benötigte.
Gertrud Baumgärtel berichtete noch über die Jury, und 'mmt' stellte noch die bekannten Kopffoto-Meinungsdarstellungen zusammen, diesmal zum Thema: Interessieren sie sich für die RKK Modelle? Ein Kommentar von Josef Pöllmann und die nette Leserbriefseite unter dem Suggestiv-Titel „Wohnungen oder Tagungsort“ runden diesen Erstschlag ab, bei dem eine Handvoll Redakteure und weitere Mitarbeiter beschäftigt waren. Doch ruhig bleiben. Für den Abend was die Ausstellungseröffnung angesagt und am nächsten Tag waren weitere, wunderbare Dinge zu erwarten.

MZ 14.12.06 Die Kraft und Schönheit einer Tageszeitung

Acht Seiten zu diesem Thema, das gab’s noch nie! Wiederum eine Handvoll Redakteure beschäftigt, eine kleine Internetdiskussion, Leserbriefseite, die Konkurrenten am Telefon, pro und contra, und natürlich als Hauptteil die als Siegermodelle bezeichneten sieben zweiten Plätze des Architektenwettbewerbs, fotografiert von Hubert Stolz und Julia Knorr, Fotomontagen von Company 3000. Das soll nun nicht alles kommentiert werden, die unterschwelligen Tendenzmeldungen sind für geübte und kenntnisreiche Regensburger leicht zu erkennen. Zu den Fotomontagen nur so viel: Ein alter Trick – Ansicht von oben, dann wird der Vordergrund kleiner und der Hintergrund höher. Mit einer Sicht in Augenhöhe, so wie wir diese Rntwürfe tatsächlich sehen würden, hat das nichts zu tun.

MZ, 15.12.2006 – Noch 2 Tage bis zum Bürgerentscheid

In Teil 3 auf fünf Seiten, dazu ein Extrablatt mit 8 Seiten:
Summa 13 Zeitungsseiten Propaganda für den Donaumarkt-Standort! Der absolute Medienhöhepunkt aus Sicht der MZ-Redaktion. Im Zeitungsteil wird wieder eine Handvoll Redakteure beschäftigt, den Bürgern die Vorteile des RKK auf den verschiedensten Wegen nahe zu bringen.
Das glückliche Ende nach 20 Jahren der Zeppelinhalle in Friedrichshafen wird herausgestellt, die Finanzierungsfrage angeschnitten, wieder eine Seite Leserbriefe, UNESCO und Landesdenkmalamt als Wächter über die RKK-Pläne genannt und vor allem werden die neuen Ansichten der „Siegermodelle“ gebracht. Jetzt werden die fotografierten Holzmodelle aus der Flugzeugperspektive gezeigt, aus einem noch höheren und weiter entfernteren  Blickwinkel. Und selbst in diesem verniedlichten 'Häusergewürfel' machen sich die Entwürfe noch recht deutlich bemerkbar.
Aufschlussreich die Bemerkungen zur Entstehung dieser Fotos (Company 3000, Wolfgang Krakau) und zur erkennbar engen Zusammenarbeit von Stadtverwaltung und MZ. Ein Scheinwerferlicht soll noch auf die Ausführungen von Projektleiter Armin Mayr zur Finanzierung gerichtet werden, der das Kunststück fertig brachte, mit vielen Worten nichts zu sagen. Die sattsam bekannte Firma Städtebau Helmut Braun schätzt die Baukosten der Halle auf ca. 50 Mio. Euro, alles andere macht der Investor. Sehr erhellend, das Ganze, dass aber nicht mehr weiter kommentiert werden soll. Und die acht Seiten kostenloses Extrablatt, Bekanntes neu zusammengestellt. In der Erläuterung wieder die suggestive Alternative RKK oder luxuriöse Wohnbebauung auf dem Donaumarkt.

MZ, 16./17.12.2006, die letzte Ausgabe vor dem Wahltag

Erstaunliches zuerst. Keine Modellabbildungen mehr, der „Bilderkampf“ ist schon verloren gegeben. Die negativen Eintragungen im Gästebuch und im Internet waren deutlich genug und sie mehrten sich. Also Texte Großanzeige der Traumfabrik, Zustimmung der Hilfstruppen von OB Schaidinger (siehe Einladung zum Pressegespräch am 7.12.06,) – nun genannt „neue Allianz für RKK“.  Ein Schaidinger-/Schimpfermann-Foto mit den 2. Preisträgern, genannt „Siegerarchitekten“.
Interessant, „technische Seite“ mit nochmaliger Abbildung des Stimmzettels. Da versteht die „neutrale“ Zeitung MZ die Aussagen der BI Donaumarkt nicht, denn bei der Darstellung von Pro und Contra Donaumarkt gehe es doch nur um Argumente und nicht um Gegner.
Erläuternd möchten wir hinzufügen, dass wir telefonisch vor dem Schreiben um Auskunft baten, ob Dr. Hocke im Auftrag der Stadt, so zusagen als städtischer Vertreter schreiben würde. Dies wurde verneint, daher unsere ablehnende Haltung.
Es ist doch offensichtlich, dass sich in einem Bürgerentscheid zwei Parteien (zwei Gegner) mit unterschiedlichen Zielen gegenüberstehen. Das kann aber eine „neutrale“ Zeitung nicht verstehen, wenn sie selber Partei ist. Alles Weitere hierzu ist aus unserer Sicht hinreichend deutlich erläutert.
Abschließend eine Seite Interneteinträge mit dem Foto der Sängerin Pink in der Münchner Olympiahalle, das suggerieren soll: Her mit der Stadthalle, dann haben wir auch solche Veranstaltungen hier bei uns in der Stadt. Ein letzter Fehlgriff, denn die Dame Pink würde in Regensburg eher in der Donauarena wegen deren größerem Fassungsvermögen auftreten.
Summa: Das gab es bisher noch nie, bei einer politischen Entscheidung in Regensburg. Vom 13.12. bis zum 16.12.2006 also in vier Tagen, ein einseitiges Bombardement mit 30 Zeitungsseiten!
Eine überzeugende Medienmachtpräsentation von Herausgeber Peter Esser, zugleich Präsident der IHK-Regensburg und OB Schaidinger nahe stehend. Aber nicht nur das ist aufgeboten worden, sondern auch Schreiben vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Wolbergs und CSU-Fraktionsvorsitzenden Schlegel an verschiedene Betriebsräte und Betriebe, nicht zu vergessen der 100.000-fache Werbebrief von OB Schaidinger und vieles mehr. Der Kampf hinter den Kulissen war noch größer als der sichtbare in den Medien. Man fühlte sich schon wie die Sieger, zumal auch die BI Pro Donaumarkt großflächigst plakatierte und ihren Wahlkampf durchzog, aber es hat nichts geholfen.
Mit 53,1 Prozent siegte zum dritten Mal die BI Donaumarkt.

Der Wahlblizz

Wenn auch wieder leicht tendenziell, ist doch der Wahlblizz vom 17.12.2006 recht moderat ausgefallen. Die kaiserliche Wahlanzeige (schwarz/weiß/rot) der BI Pro Donaumarkt - wo da wohl das Geld für die großflächigen Wahlplakate plus Mieten herkommt? - auf der Titelseite, im Blatt auf Seite 4 die Wahlanzeige der BI Donaumarkt. Und dann die ganze Seite 2: Die sieben Schwabenstreich-Entwürfe (computer-optimiert) und kleine, versteckte Wahlhinweise, wobei die OB-Karte Wochenmarkt besonders betont wird.
Alles Schnee von gestern. Was wohl die acht Sonntagsblizze in Serie zur Wahl beigetragen haben?

Ein (ungültiger) Architektenwettbewerb

Momentan läuft die Ausstellung des Architektenwettbewerbs über die RKK-Entwürfe für den Donaumarktstandort im Deggingerhaus in der Wahlenstraße. Nach Darstellung der Stadt eine “isolierte” Ausstellung, die nichts mit einem Pro oder Contra zum Standort Donaumarkt zu tun hat. Nach unserer Auffassung sind die Ergebnisse dieses Wettbewerbs durchschnittlich, kein erster Preis, sieben zweite Preise. Das sagt schon alles.
Wir wollen uns aber einem anderen Aspekt dieses Wettbewerbs zuwenden, der möglicherweise zu einer Ungültigkeitserklärung führen kann. Am 13.12.2006 gab es im Internet das Protokoll des Preisgerichts noch in einer Fassung von 47 Seiten, danach nur noch eine Version von 46 Seiten.

Was steckt dahinter? Bei der 46-Seiten-Fassung hat man die Antwort der Bayerischen Architektenkammer vom 4.12.2006 auf einen anonymen Einspruch zur Preisgerichtsbesetzung vom 24.11.2006 weggelassen. Im Protokoll des Preisgerichts ist auf Seite 3 vermerkt: “Die Kammer sieht keine Befangenheit der Preisrichter.” Dagegen steht in der Kammerantwort Seite 47: “Die Bayerische Architektenkammer war in das vorangegangene VOB Verfahren nicht eingebunden, hat nicht beratend mitgewirkt und deshalb keinerlei Kenntnisse über Details aus diesem Verfahren. Dies gilt insbesonders. hinsichtlich von Personen aus dem Bereich der Stadt Regensburg, die in dieses Verfahren ‘eingebunden’ waren.
Der erste Teil des anonymen Schreibens kann daher lediglich zur Kenntnis genommen werden. Ob der Vortrag zutrifft oder nicht, kann seitens des LWA der ByAK nicht geprüft werden.”

Jury (Auswahlgremium) des VOB-Verfahrens 2004/05 (nach MZ 12.1.2005)

OB Hans Schaidinger
CSU-Fraktionsvorsitzender Rudolf Eberwein
SPD-Fraktionsvorsitzender Joachim Wolbergs
Grünen-Fraktionsvorsitzende Margit Kunc
Prof. Hannelore Deubzer
Prof. Carsten Lorenzen (Gestaltungsbeirat)
Dipl.-Ing. Wolfgang Weinzierl (Symposion Donaumarkt)
Arndt Bühner Ernst & Young GmbH
Gerhard Sandner Runder Tisch
Dr. Rudolf Ebneth Runder Tisch
Dr. Günter Stöberl Geschäftsführer RBD

Jury des GRW 1995 (Fassung 2003) Architektenwettbewerbs 2006 nach Protokoll des Preisgerichts, S. 2

Fachpreisrichter Christine Schimpfermann, Planungs- und Baureferat Regensburg
Prof. Peter Latz, Ampertshausen
Prof. Paul Kahlfeldt, Berlin
Prof. Klaus Humpelt, Freiburg
Prof. Carsten Lorenzen, Kopenhagen / Dresden
stellv. Fachpreisrichterin:
Frau Hick-Weber, Leiterin Stadtplanungsamt
ständig anwesender Fachpreisrichter:
Joachim Peithner, Regensburg
Sachpreisrichter:
OB Hans Schaidinger
CSU Fraktionsvorsitzender Herbert Schlegel
SPD Fraktionsvorsitzender Joachim Wolbergs
Grünen Fraktionsvorsitzende Margit Kunc
ständig anwesender stellvertr. Sachpreisrichter:
Dieter Daminger, Leiter des Referats für Wirtschaft und Finanzen

Im VOB-Wettbewerb 2004/05 wurden 11 Entwürfe für den Donaumarkt begutachtet, im GRW-Wettbewerb 2006 87 Entwürfe. Die Doppelbeteiligung des Fachpreisrichters Prof. Carsten Lorenzen und der Sachpreisrichter OB Schaidinger, Joachim Wolbergs und Margit Kunc an beiden Wettbewerben ist eine Tatsache.
Drei Teilnehmer des VOB-Wettbewerbs 2004/05 beteiligten sich auch am nachfolgenden GRW-Wettbewerb 2006, und zwar Bangert / Berlin (beim VOB-Wettbewerb noch in Gemeinschaft mit Huber / Regensburg und Dömges + Partner / Regensburg), die Arbeitsgemeinschaft Gierstorfer, Schmucker, Mietzka, Köstlbacher, Eckl aus Regensburg und KSP Engel und Zimmermann aus München. Stephan Braunfels, München / Berlin, gab beim VOB-Wettbewerb einen “Schlossentwurf” ab.

Beim Entwurf Bangert kann nachgewiesen werden, dass er im Februar 2005 schon teilveröffentlicht wurde, denn genau dieses Detail mit der Zugangssituation, dem Konzertcafé und der Lage des Gebäudes findet sich heute beim Entwurf Nr. 1017 von Bangert / Berlin.

Nun beteuert zwar OB Schaidinger (MZ 14.12.2006, Text unter Modell Bangert): “Die Anonymität ist gewahrt. Alle Umschläge mit den Entwürfen des Wettbewerbs 2004 sind immer noch verschlossen.” OB Schaidinger ein Lügner? Wie kann aus einem verschlossenen Umschlag ein Entwurfsteil am 4.2.2005 veröffentlicht werden, den man dann in der Ausstellung am 13.12.2006 wiedererkennt?
Bleiben wir noch beim Bangert-Entwurf. Die Jury beurteilte ihn im 3. Wertungsgang (S. 5/6 Juryprotokoll) folgendermaßen:

Tarnzahl 1017

Zum Ideenteil:

Südlich der Donau werden im Kloster St. Klara und am Schwanenplatz Räume architektonisch deutlicher gefasst. Auf dem Unteren Wöhrd wäre der archipele Gedanke interessant. Er erzeugt allerdings in der Ausprägung nur Restflächen und opfert das Biotop.

Realisierungsteil:

Das RKK ist an die Donaupromenade und den Hunnenplatz gerückt. Der Markt allerdings wird in den Hintergrund gedrückt. Der gewählte Einheitskörper bleibt so niedrig, dass er in der Silhouette erträglich erscheint. Die Donaupromenade wird durch eine Galerie gefasst und durch eine Freitreppe dem Wasser funktional und optisch näher gebracht. Das Hotel ist in einer eigenen Großform in die Altstadt geschoben. Der Typus mischt Öffentlichkeit und Privatheit wie in Ferienhotels üblich. Die Körper unter der flächigen vereinheitlichten Dach - Loggia sind in der Realperspektive heterogen; die Rotunde schiebt sich sehr eng an den Straßenraum und engt den Fußgänger sehr ein.

Das innere Funktionsgefüge ist schlüssig. Es fehlen allerdings 20% Saalfläche. Die Foyerflächen sind auf zwei Ebenen gesplittet und mit Lufträumen verbunden. Die Faltungen der Fassaden und Abtreppungen am Dach halten das Versprechen des einheitlichen Daches nicht, wie z.B. auch der rechteckige Aufbau auf dem Zylinder. Das Dacht deckt auch tiefe Räume an der West- und Nordseite ab, die dadurch sehr düster werden. Die Sicht aus der Rotunde und dem Foyer wird sehr gelobt.

Die Blickkontakte der Hotelzimmer zum Wasser werden durch eine einhüftige Anordnung erkauft.

Der Markt ist zergliedert, die Teilflächen sind zu klein und nur kompliziert anzuliefern.

Die Typologien der architektonischen Elemente werden kontrovers diskutiert.

Das ist nicht gerade ein Loblieb und allein schon wegen der Nichterfüllung des Raumprogramms (Fehlen von 20% der verlangten Saalfläche), hätte dieser Entwurf ausscheiden müssen, wie es die Jury auch anfänglich vorhatte. Nur der Intervention des Auslobers (OB Schaidinger) ist es zu verdanken, dass er in die sieben “Siegermodelle” (= 2. Plätze) aufgenommen wurde. Es langt eigentlich. Falsch besetzte Jury, Teil-Vorabveröffentlichung eines Wettbewerbsentwurfs - und das soll alles mit den Wettbewerbsregeln vereinbar sein?